Wat allet et jibt


Zum wohl ersten Mal fiel mir diese Werbemasche „Aus Gebraucht mach Neu“ bei dem Nintendo-Spiel „Tetris“ auf; ein Kassenknüller für 150,- DM Anfang der 1990er Jahre. Mit der App-Schwemme in den 2010er Jahren wurde es als völlig neues Vergnügen beworben. Die nächste mir aus dem Gedächtnis zuwinkende „Innovation“ waren Neuwagen, deren Scheinwerfer den Lenkbewegungen folgten. Hallo? Das gab es schon bei französischen Wagen in den 1950er Jahren. Aktuell wird ein Braun-Elektrorasierer als High-End-Produkt angeboten, den ich bereits seit über 20 Jahren benutze.

In dem Maße, wie Rechner immer schneller und vielfältiger werden und rein technisch ungeahnte Möglichkeiten bieten, werden die Programmierer immer arroganter und unfähiger. Auf dem widersprechende Argumente wäre ich sehr gespannt.

Wir haben die Energiewende bitter nötig, aber die bloße Genehmigung einer kleinen Solaranlage zum Beispiel durch „Stromnetz Berlin“ dauert 8 bis 10 Wochen.

Wer weiß schon, was „Vintage“ bedeutet“? Nicht viele. Das ist nichts Neues, ebenso wie das Sujet als solches. Klingt aber gut und ist als „Stil“ akzeptiert. Der Begriff bezeichnet eigentlich nur bereits Dagewesenes, meist Mode, die sich sowieso ewig im Kreis dreht und zudem auf Grund der extrem kurzen Verfallszeiten zu den Top Ten der Umweltschädlinge zählt. Karottenhosen waren 2021 der letzte Schrei und schon Anfang 1970 extrem unpraktisch. Und zu der Zeit war „Vintage“ unter anderem für ältere Modelle von Fender- und Gibson-Gitarren gebräuchlich.

Schon in den 1970er Jahren gab es die einfachen und praktischen Schreibtischlampen für 20,- bis 30,- DM, die heute als neueste Designer-Modelle für das oft Zehnfache angeboten werden.

Sprachmuster und Ortographie der Gangsta-Rapper finden sich bereits in Gershwins „Porgy & Bess“ als Diktion und Schreibweise der schwarzen, einfachen Südstaatenbevölkerung der USA ausführlich wiedergegeben. Spontanes Reimen und Sprechgesang hat,  außer dann auch später im Jazz, bei den Engländern und Iren eine lange Tradition.

Wer die Geschichte nicht kennt, hat die Gegenwart verpennt.

Machen mangelnde Bildung, verödende Kultur und Augenwischereien wie Werbung die Menschen nun blöder oder passen sich diese Bastarde nur der allgemeinen Verblödung an?

Kommen wir nun zu den ernsteren Dingen.

Seit Putins Überfall auf die Ukraine, d.h. seit Kriegsbeginn Ende Februar 2022 suchten ein großer Teil der ca 10 Millionen Flüchtlinge Aufnahme im Westen, wo die Solidarität und die Hilfsangebote grenzenlos waren, ebenso die Aufnahmebereitschaft; vorbildlich z.B. Polen mit knapp 2,5 Millionen. Nun, haben wir die humanitäre Katastrophe in Syrien schon vergessen? Auf welchen Dauerspendenaufruf hat da wer und haben wie viele reagiert? Zwischen 2011 und 2019 flohen rund sieben Millionen Syrer, zum großen Teil nach Europa. Auch dort waren russische Truppen maßgeblich beteiligt. Aber damals ging Putin ja noch als Europäer durch, heute ist er Untermensch. Ja, und die Ukraine ist eben doch noch europäischer, und die Syrer eben nicht. Und sie sehen ja auch ganz anders aus. Die Flüchtlingsverteilung war ein gesamteuropäisches Disaster. Vor allem Polen tat sich hervor und nahm ganze elf auf! Da trickst der kleine „Rep“ im Hinterkopf doch ganz zuvorkommend und komfortabel die Menschlichkeit aus. Und ungelernte Kräfte sind wirtschaftlich eben nicht tragbar. Mal sehen, wohin Volkes Meinung schwappt, wenn die ukrainischen Facharbeiter die von langer Hand fleißig geschürte „Urangst“ der Deutschen bedienen, ihnen die Arbeitsplätze wegzunehmen.

Aber man braucht gar nicht so weit zurückzugehen. Noch weiter geht auch. Wie viele haben denn gegen Napalm, Urwaldentlaubung und Massaker in Vietnam protestiert? Und wer hat sich groß über Russen und Amerikaner in Afghanistan aufgeregt? Bomben, getarnt als Kinderspielzeug, Waffen für die Taliban. Da lassen dann „Nine-Eleven“ und auch die „gefallenen“ deutschen Soldaten schön grüßen. Hunger in Afrika? Das war doch schon immer so …

Jeder, der gewissenhaft mit Psychiatriepatienten gearbeitet hat, weiß, daß jegliche Psychopharmaka, vor allem starke, eine erfolgreiche Theapie unmöglich machen. Sie sedieren nur und stellen so den reibungslosen Ablauf des Klinikbetriebs sicher. Unter Medikation ist auch nicht der kleinste Therapiefortschritt von anhaltender Dauer. Beim Reduzieren oder Absetzen der Mittelchen tritt ein anderer Mensch völlig verunsichert wie eine „tabula rasa“ aus der klebrigweichen Dämmerung hervor. Auch nach zwei Jahren Therapie waren bei nur wenigen Rudimente von sozialer Kompetenz vorhanden, die sich aber auch bald verflüchtigten. Ich habe „Haloperidol“ und andere Präparate in den 1970er Jahren kennen und verachten gelernt. Ein Freund und Kommilitone erlebte an seinem ersten Arbeitsplatz nach dem Studium an einer Klinik, daß er helfen mußte, jemanden festzuhalten, um ihn „abzuspritzen“ und so ruhigzustellen. Er wollte danach kein Psychologe mehr sein. Haloperidol wird noch heute standardmäßig verabreicht.

Karl Marx hat bereits bewiesen, daß die Staatsverschuldung immanent und damit zwangsläufig ist (siehe „Grundrisse“, 1857).

Kapitalismus und Demokratie passen zusammen wie Männer und Frauen. Der Unterschied besteht nur darin, daß das eine Pärchen bereits seit fast 200 Jahren vor sich hinkriselt und doch zusammenbleibt.

Die Institution „Kirche“ als solche mit ihrer monopolistischen geistigen und weltlichen Machtbesessenheit ist in jeder Reilgion bereits die Strafe Gottes auf Erden für die unaufhörlich sündende Menschheit, und sie benutzt und beschädigt gewissenlos jeden Gläubiger für ihr eigenes ewiges Fortbestehen. Das Fegefeuer ist schon da. Das merkt offensichtlich auch niemand.

One Night Stand, unkonventionell? Nur eine neue Bezeichnung. Ein Spruch der Endsechziger: „Wer zweimal mit de(r)mselben pennt, gehört schon zum Establishment“.

Übersetzungsprogramme? Die gibt es schon seit den 1990er Jahren. Das heutige Angebot ist zwar schneller und umfangreicher, aber um keinen Deut(sch) besser. Forscht und entwickelt hier um da Vinci Willen weiter, aber hört auf, die Konsumenten für dumm zu verkaufen. Für Intelligenz über Logik hinaus oder gar Semantik und Empathie brauchts ein paar Synapsen mehr. Menschen lernen die Bedeutung von Worten schon als Heranwachsende nicht mehr kennen und bekommen sie dann häufig abstrus verfälscht präsentiert. Ins Feinkomische geht es allerdings, wenn „Google“ neuerdings auch englische Bandnamen mit übersetzt. Da wird dann aus „Suck My Cock“ – die es ja geben könnte – ein fröhliches „Saug meinen Hahn“. Die Gruppe „Katzenpisse“ – die es wirklich gegeben hat – kriegen sie ja wohl als „Cat Pee“ gerade noch hin. Aber Slang ohne Semantik geht eben nicht. Also nehmt bis auf weiteres Abstand von diesem Blödsinn!

Melodieerkennung? Die „neue“ geniale App, die gesummte Melodien Titeln zuordnen kann, war schon Anfang der 1990er Jahre als australisches Produkt auf dem Markt, konnte sich wegen ihrer Mangelhaftigkeit aber nicht durchsetzen. Das Produkt der 2010er Jahre ist einfach nur treffsicherer, aber mit seinen noch häufigen „Fahrkarten“ nicht wirklich nicht das Gelbe vom Ei.

Womit wir schon in mystischen Regionen angelangt wären. Was macht die Seele aus, was das Wesen des Menschen? Seele? Sucht mal schön! Aber es ist eigentlich ganz einfach und letztlich nicht befriedigend, aber plausibel und damit leidlich zufriedenstellend: das menschliche Gehirn reicht nicht dazu aus, das menschliche Gehirn zu verstehen. Es ist nicht möglich, mit dem eigenen Verstand, also quasi von innen heraus und doch von außen betrachtend, das große Ganze zu sehen und zu begreifen. Wie man das dann nennen würde, ist mir ziemlich egal, da ich es als Betroffener eh nicht verstehen kann.“Nenne mir einen Punkt, von dem aus ich mein Sein von außen betrachten kann, und ich werde das Wesen des Menschen erkennen.“

Na ja, ich war mit Archimedes zum Frühstück verabredet. Und Curt Goetz war auch da: „Mein ganzes Leben lang bin ich auf der Suche nach der Mikrobe der menschlichen Dummheit, habe sie aber nicht gefunden. Ich bin eben auch ein Mensch.“

(April 2022)